Die Story
Dem tristen Detroit den Rücken kehren, sich und ihre kleine Tochter Diddy aus ärmlichen Verhältnissen holen und ein neues Leben in Kalifornien beginnen: Davon träumt Rocky (Jane Levy). Zusammen mit ihrem draufgängerischen Freund Money und dem eher „vernünftigen“ Alex bricht Rocky in Villen ein, um dort fette Beute zu machen und diese an ihren Hehler zu verkaufen.
Das Trio hat auf seinen Raubzügen nur zwei Regeln: Keine Waffen und kein Diebstahl von Bargeld, damit es im Falle einer Verhaftung mit einer niedrigen Strafe davonkommt. Der Hinweis, dass im Haus eines ehemaligen Kriegsveteranen 300.000 Dollar zu holen sind, ist allerdings zu verlockend. Die Kohle soll er als Abfindung bekommen haben, als seine Tochter von einer Frau überfahren und dabei getötet wurde.
Als die Drei erfahren, dass der Hausbesitzer auch noch blind ist, hoffen sie auf ein leichtes Spiel. Aber der blinde Mann ist weder hilflos noch sonderlich zimperlich, was den Umgang mit seinen ungebeten „Gästen“ angeht…
Der Ton macht die Musik
´Don’t Breathe´ braucht keine Geister, Hexen oder Dämonen, um wirklich gruselig zu sein. Der blinde Mann ist in diesem Fall die unheimlichste Bedrohung. Allein seine körperliche Präsenz ist enorm einschüchternd. Und trotz seiner Blindheit ist er keinesfalls ein hilfloses Opfer, denn er weiß, dass er sich auf seine anderen Sinne verlassen kann und muss – vor allem auf sein Gehör.
So spielt ´Don’t Breathe´ auch extrem wirkungsvoll mit Geräuschen und Tönen. Mal ist es absolut still, was die Spannung ins Unerträgliche steigert. Mal hört man nur ein leises Wimmern der Einbrecher, die in der Ecke kauern und um ihr Leben bangen. Die ungeheure Anspannung, die die Protagonisten aushalten müssen, überträgt sich sofort auf den Zuschauer.
Ich hab mich manches Mal auch dabei erwischt, dass ich völlig verkrampf im Kinosessel saß und unterbewusst die Luft angehalten habe, als ich die Daumen für Rocky und Co. gedrückt habe.
Daumen drücken für blinden Brutalo oder für dreiste Diebe?
Apropos: Während man anfänglich eher mit dem Kriegsveteranen sympathisiert, der von morallosen Menschen ausgeraubt werden soll, wendet sich das Blatt relativ schnell. Plötzlich fiebert man mit den jungen Leuten mit, die zwar dreist, aber im Gegensatz zum Blinden lammfromm sind.
Der Kriegsveteran ist quasi übermächtig, was jedoch erfreulicherweise im realistischen Rahmen bleibt und keine Superhelden-Züge annimmt. Er kennt sein Haus wie seine Hosentasche, ist den Einbrechern immer einen Schritt voraus und zögert auch nicht, Waffen einzusetzen. Er ist trotz seines Handicaps extrem clever, stark und vor allem brutal.
Es gibt einige richtig sitzende Schockmomente und unerwartete Gewaltausbrüche, bei denen die Kamera frontal drauf gehalten wird und in denen viel Blut fließt. Einige Zuschauer im Saal sind dabei förmlich schreiend aus dem Kinosessel geflogen und haben dabei für Lacher gesorgt. Allerdings waren das eher verzweifelte Lacher, weil das Publikum viel zu angespannt war.
Trotzdem blieben derbe Schocks im Rahmen, die größte Stärke von ´Don’t Breathe´ liegt in der super spannenden Atmosphäre, die Regisseur Fede Alvarez mit einfachsten Elementen kreiert hat: Dunkelheit, Unberechenbarkeit und Ausweglosigkeit. Alvarez findet immer wieder neue Wege und Orte im Haus, den Kriegsveteranen auf die Eindringlinge treffen zu lassen.
Besonders gut gelungen ist dabei eine Szene im Keller, die der Zuschauer in Nachtsicht-Kamera-Optik erlebt. Dabei gilt: Nicht atmen. Sowohl für die Darsteller, als auch fürs Publikum. Regisseur Fede Alvarez beweist nach seinem ultraharten ´Evil Dead´ erneut, dass er ein Händchen für fiese, atmosphärische Filme hat, die noch lange im Kopf rumschwirren.
Schwache Figurenzeichnung, starke Wirkung
Die Charaktere sind nur oberflächlich skizziert. Die taffe Rocky, die ihre Tochter retten will, der zurückhaltende Alex, der heimlich auf Rocky steht, und der draufgängerische Money, der sofort als Arschloch abgestempelt wird. Alle verschieden, aber alle mit einer gemeinsamen „Mission“: Raus aus Detroit.
Diese Zusammenstellung von verschiedenen Charaktereigenschaften hat man schon tausend Mal gesehen und es ist nicht wirklich überraschend, wen die Faust des Kriegsveteranen am härtesten trifft. Dennoch ist die schwache Figurenzeichnung in ´Don’t Breathe´ nicht schlimm, denn sie reicht allemal, um knappe 90 Minuten um das Schicksal der Drei zu bangen. Sie sind nicht egal, man hofft, dass sie lebend aus dem Horror-Haus entkommen.
Neben der Hauptstory, der Hetzjagd durchs Haus, gibt es noch eine (halb-) überraschende Entdeckung, die nicht unbedingt nötig gewesen wäre, aber die dem Handlungsverlauf nochmal etwas Fahrt gibt. Ganz am Ende gibt es dann noch eine Szene, bei der wieder ein Fünkchen Sympathie für den Kriegsveteranen aufkeimt, aber das verrate ich natürlich nicht.
Fazit
´Don’t Breathe´ hat mir im wahrsten Sinne den Atem verschlagen. Ein irre spannender, deftiger Horror-Thriller, der einfach rundum gelungen ist und der mit einer Story, die nicht aus der Geisterspuk-Kiste kommt, für richtig Gänsehaut sorgt.
Ich habe wirklich nichts auszusetzen und hoffe auf viele weitere Filme aus Alvarez‘ Feder. Ich kann abschließend nur sagen: Danke für diesen erfrischenden Beitrag zum Horror-Genre.